Zum Hauptinhalt springen
 

Dagmara Kraus: avenidas – avencovidas...

Veranstaltungsdaten

Eugen Gomringers Gedicht avenidas – oft bekrittelt, umgeschrieben, übermalt. Überschrieben, auf ein Neues, angesichts der spanischen Dimension der Corona-Krise: avenidas – avencovidas... Vide, Leere, auch hier; Straßburgs Straßen wie ausgestorben, bloß Straßen, menschenleer. Als ich den Hausarrest über die rue de Reims momenthaft verlasse, überwältigt mich die schier apokalyptische Schönheit der menschenlosen, wuchernden Natur. Vor niemandes Augen protzt die prallste Frühlingsblüte mit Magnolien, Goldflieder, mit Kamelienorgien, herzensrot. Wieder riechen kann ich das alles noch nicht. Aber was, wenn all das bald niemand mehr sehen darf... Der Todesfrühling kommt mit Blumen für seine Särge. Dazu diese Appropriation als hilfloses Epitaph, als Palimpsest über Köhler über Gomringer über die Einsamkeit der Blumen und Straßen und von einer Überlebenden, die, vorerst immun, mit einem Kalauer von sich sagen darf: veni, covidi, vici.

Dagmara Kraus, geboren 1981 in Wrocław, Polen, lebt als Lyrikerin und Übersetzerin in Straßburg. 2012 erschien ihr Debüt »kummerang«, 2018 erhielt sie den Basler Lyrikpreis. Im Frühling 2020 erschien ihr neuer Lyrikband „liedvoll, deutschyzno“ im kookbooks Verlag.

Bilder von der Veranstaltung

Veranstaltungen der Reihe "Minutennovellen"

Miniaturen, Konzentrate, literarische Brühwürfel – zu lesen in nur einer Minute. Allerdings verbunden mit aufregenden Nach- und Nebenwirkungen. Autor*innen unseres Frühjahrsprogramms, deren Veranstaltungen im Stuttgarter Literaturhaus durch die Corona-Epidemie bedingt leider ausfallen, haben statt vor Publikum aus ihrem neuen Buch zu lesen, exklusive „Minutennovellen“ für Sie geschrieben. Jeden zweiten Tag - finden Sie ab jetzt Kürzesttexte auf unserer Website und auf Facebook, ergänzt um den Hinweis auf die Neuerscheinung der jeweiligen Autorin, des Autors – für alle weiteren Folgeminuten! Der Titel „Minutennovellen“ ist dem Band des ungarischen Schriftstellers István Örkény entlehnt (1912–1979, Übersetzung: Terézia Mora, Suhrkamp Verlag).