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30.4.2019

Anne Applebaum: Roter Hunger

Veranstaltungsdaten

Der gegenwärtige Konflikt um die Ostukraine und die Krim ist ohne die Geschichte des erzwungenen Hungertods von mehr als drei Millionen Ukrainern zwischen 1932 und 1933, Holodomor genannt,
nicht zu verstehen. Er gehört zu den großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts und hat Folgen
bis heute. Die Pulitzer-Preisträgerin und Historikerin Anne Applebaum verbindet in ihrem Buch „Roter Hunger“ eindrücklich die Perspektive der Täter mit der der Opfer; sie zeigt Stalins Terrorregime gegen die Ukraine und die Umstände der Vernichtungspolitik. Anne Applebaum, geboren 1964 in Washington, D. C., ist Historikerin und Journalistin. Sie ist Direktorin des Legatum-Instituts in London und schreibt als Kolumnistin für Washington Post. Für ihre publizistische Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen: Ihr erstes Buch „Between East and West“ (1995) wurde mit dem Adolph Bentinck Prize for European Non-fiction ausgezeichnet, für ihr zweites Buch „Der Gulag“ (2003) erhielt sie den Pulitzer-Preis. Applebaum lebt in Warschau.

Gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung

Bilder von der Veranstaltung

Veranstaltungen der Reihe ""Etwas in der Sprache ging kaputt, knackte wie das Eis auf dem Stausee im März." Ukraine & Russland. Literaturen, Politiken und Perspektiven"

Lesungen und Gespräche | April – Juli 2019
Ukraine & Russland. Literaturen, Politiken und Perspektiven

„Denn die Politik tritt in dein Leben, auch wenn du dich nicht für sie interessierst: Der Krieg kommt in
dein Dorf.“ Serhij Zhadan

Vor fünf Jahren hat das Stuttgarter Literaturhaus die friedlichen Proteste auf dem Kiewer Maidan und die eskalierende Entwicklung nur wenige Monate später zum Anlass seiner literarischen Reihe „Rebellen“ genommen, in der Literatur als Visionsraum in Prozessen gesellschaftlichen Umbruchs befragt wurde. In der Zwischenzeit wurde die Krim von Russland annektiert und in der Ostukraine begann ein blutiger Krieg mit Millionen Binnenflüchtlingen und vielen getöteten Menschen, ohne Aussicht auf ein baldiges Ende. In einer Politik der Verunsicherung und in einem Klima tiefgreifenden Misstrauens wurden und werden in Russland Künstler und Intellektuelle unter Druck gesetzt. Wir haben es mit einem Krieg in Europa zu tun, der nach einer kurzen Phase medialer Aufmerksamkeit nur allzu rasch wieder aus dem Blickfeld geriet. Zugleich haben wir es in nahezu allen europäischen Ländern mit dem Erstarken des Rechtspopulismus’ zu tun, mit der Aushöhlung von Demokratie. Wichtige Scharnierstelle in dieser Gemengelage ist die Sprache, sind die Worte. Literatur bildet einen Ort der Mehrdeutigkeiten, die wir im alltäglichen Schlagabtausch oftmals nicht auszuhalten bereit sind.
„Etwas in der Sprache ging kaputt, knackte wie das Eis auf dem Stausee im März und würde jeden Moment in unzählige schwere, scharfe Stücke brechen“, schreibt Serhij Zhadan in seinem jüngsten Roman „Internat“, für den er 2018 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung ausgezeichnet wurde. Das Knacken des Eises, die schweren scharfen brechenden Stücke aus Zhadans Literatur setzen wir in dieser neuen Veranstaltungsreihe im Stuttgarter Literaturhaus in einen politischen und gesellschaftlichen Resonanzraum. Denn: Unter dem Eis auf dem Stausee im März wartet Leben.