Michael Kumpfmüller: Nachricht an alle
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Wir stürzen ab, betet für mich, diese SMS erhält ein Vater von seiner Tochter mitten in der Nacht, in einem Hotelzimmer in Nordamerika. Was wie ein grausamer Scherz klingt, erweist sich als der modernste aller Albträume: Selbst aus todgeweihten Flugzeugen können wir noch Nachrichten empfangen, Nachrichten an alle. So beginnt Michael Kumpfmüllers neuer, bereits mit dem Döblin-Preis ausgezeichneter Roman. Der Vater, der die SMS-Nachricht bekommt, ist Innenminister eines westeuropäischen Landes, das gerade in eine schwere Krise stürzt. Streiks, soziale Unruhen und diffuse terroristische Bedrohungen lassen Minister Selden keine Zeit für Trauer. Nachricht an alle treibt eine Sonde durch die Schichten der westlichen Demokratien. Nicht nur Seldens privates und politisches Schicksal interessieren, sondern die Mechanismen innerer Sicherheit, die gegenseitige Durchdringung von privater und öffentlicher Sphäre. Dazu gehört auch das dröhnende Räsonnement von Medien, Experten und vermeintlicher Volkes Stimme, das als Hintergrundrauschen den politischen Diskurs begleitet und aushöhlt. Kumpfmüller, bekannt durch seinen Debütroman Hampels Fluchten (2000) und Durst (2003), versucht ein flirrendes Porträt der Gleichzeitigkeiten: Während in den klimatisierten Büros der Eliten Entscheidungen getroffen werden, beginnt sich unten in den Großstadtschluchten, an den heißen Rändern der Gesellschaft, eine Gruppe von Menschen zu regen, die auf den großen Schlag wartet.
In Zusammenarbeit mit SWR 2
Eintritt: Euro 8,-/6,-/4,-