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Amanda Lasker-Berlin: Von Bukarest

Veranstaltungsdaten

1
Mitten in Bukarest. Die Staue schwingt sich in den Himmel. Seit dreißig Jahren. Ein paar Blumen lungern davor und feiern die Revolution. Und mir ist nichts anderes als kalt, so im Dezember.

2
Dreißig Jahre vor mir, versuchst du unsichtbar zu sein, in dieser Stadt. Denkst an Oscar. Wie er von der Decke hing, so blau, so aufgequollen. So sieht dein Gesicht auch bald aus, denkst du, nimmst ihn ab. Legst ihn auf den Boden, den schlaffen Körper. Pass auf, dass er dich nicht erdrückt! Ob er schon tot war, als der Geheimdienst ihn aufgehangen hat? Du suchst seinen Körper nach Spuren ab, aber der Geheimdienst hinterlässt nichts. Außer dass: Die nächste bin ich! durch deinen Kopf blitzt. Ich will dir sagen, du wirst überleben. Aber das weiß ich ja noch nicht. Sage stattdessen: Leg Oskar dein Taschentuch aufs Gesicht. Dann hat er es wärmer.

3
Ich lehne mich an die Statue. Ein Passant fragt, warum ich das denn mache, was ich denn zutun habe mit der Staue aus Stein. Und ich will es ihm sagen, finde aber keine Worte mehr, auf Rumänisch.

Amanda Lasker-Berlin, geboren 1994 in Essen, inszenierte mit 18 Jahren ihr erstes Theaterstück. Nach einem Studium der Freien Kunst an der Bauhaus-Universität in Weimar studiert sie aktuell Regie an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Für ihr Drama »Gelbe Wüste / Rosa Raum« erhielt sie den ThOP-Nachwuchsdramatiker*innenpreis, ihr Stück »Amazonen verrecken« gewann 2019 den 3. Osnabrücker Dramatikerpreis.

"Elijas Lied" ist ihr erster Roman. Im März 2020 in der Frankfurter Verlagsanstalt erschienen und nominiert für den Debütpreis der lit.COLOGNE 2020.