Peter Rühmkorf: Unter Tage V: TABU
Veranstaltungsdaten
"Als ich im Jahre 1971 an meinen 'Memos' schrieb" - so der Dichter Peter Rühmkorf über seine Autobiographie Die Jahre die ihr kennt -, "merkte ich am Schluß, daß die in der Vergangenheitsform erzählte Chronik langsam aber sicher auf den laufenden Abreißkalender zusteuerte." Seitdem hat der Autor sein TABU genanntes Tagebuch so absichtslos wie besessen weitergeführt, eine Unternehmung, die sich mittlerweile auf extravagante 15000 Seiten ausgewachsen hat. Die Erstaunlichkeit liegt hier allerdings weniger im Umfang als in der absolut verwegenen Mischung aus Privat- und Zeitgeschichtsschreibung. Haarscharf am politischen Tagesgeschehen entlang notiert ein verkantet gegen die Strömung stehendes Subjekt seine immer ausgefallenen Einfälle und Ausschläge, wobei die persönlichen Liebhabereien meist in krassem Gegensatz zu den öffentlichen Wertschätzungen stehen. Ob Öffnung der Mauer oder deutsche Wiedervereinigung, ob deutsch-deutsches Entfremdungsgefühl oder neuer Patriotismus, ob intellektueller Glaubenskrieg zwischen alten linken oder wiederentdeckten rechten Positionen: alles entfaltet sich hier noch einmal aus der Schrägsicht des Abseitsgehenden heraus, aber nicht als abstrakte Meinungsdebatte, sondern als eine kalenderbunte Comédie humaine, von der der Verfasser sich selbst gar nicht ausgenommen glaubt. Nach TABU I, Tagebücher 1989-91 erscheint im September TABU II über die Jahre 1971-72.
Eintritt: Eur 8,-/5,-
Veranstaltungen der Reihe "Tagebuch"
Im Mai 2004 widmet sich das Literaturhaus dem Tagebuch. In der gleichnamigen Veranstaltungsreihe sind Schriftsteller:innen mit ihren Tagebüchern zu Gast.