Ulrike Draesner: Zur Sprache bringen – vom Missbrauch weiblicher Körper zu Zwecken des Krieges
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Kriegsbedingte Gewalt gegen Frauen hat traditionell zwei Gesichter: Das erste (eine fremde Armee trifft auf die Zivilbevölkerung) ist altbekannt. Doch bis heute wird (zu) wenig darüber gesprochen. Schandgefühle und Scham verhindern, dass Opfer sich äußern und adäquate Hilfe finden. Das zweite, noch infamere Gesicht, wird häufig ganz übersehen: Der eigene Staat greift, bereits vor dem Beginn des Krieges, auf seine weibliche Bevölkerung als »Gebärmaterial« zu. Perfide organisiert von den Nationalsozialisten in ihren Lebensbornheimen. Beide Formen von Gewalt eint, dass Frauen auf ihre Körper reduziert und in ihren »Reproduktions«-Kräften benutzt bzw. verletzt werden sollen. Der Schwerpunkt der Ausstellung »Zur Sprache bringen« liegt auf der Frage, wie nach derartigen Gewalterfahrungen weitergelebt werden kann. Es geht um Verletzlichkeit und Resilienz, Strukturen der Macht und des Widerstandes gegen sie, um Verwurzelung und Migration. Woher nehmen betroffene Frauen die Kraft für Widerstand? Welche Rolle spielen dabei Familien? Wie kann man selbst verhindern, unbewusst (intergenerationelle) Verletzungen weiterzugeben?
Ausgangspunkt für die Ausstellung »Zur Sprache bringen« war das Recherchematerial zu Ulrikes Draesners neuestem Roman »Die Verwandelten«, in dem die unterschiedlichsten Frauenschicksale im Laufe des 20. Jahrhunderts in Polen und Deutschland erzählt werden. Verbunden sind sie über familiäre Verflechtungen und Gewalterfahrungen während des Zweiten Weltkrieges, der Nachkriegszeit bis heute. Der Roman, im Februar 2023 im Penguin Verlag erschienen, war u. a. für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Die Ausstellung ist in Deutsch, Polnisch und Englisch angelegt und soll anschließend in Wrocław/Breslau gezeigt werden.