Matthias Bormuth: Patient – Psychiater – Philosoph. Karl Jaspers im Portrait
Veranstaltungsdaten
Karl Jaspers (1883-1969) präge neben Martin Heidegger die deutsche Existenzphilosophie. Ursprünglich wirkte er als Psychiater, bevor er sein Verständnis des inneren Menschen vom Psychopathologischen her stärker im Horizont künstlerisch-dichterischer Weltsichten entwickelte. Seine pathographischen Studien zu van Gogh, Hölderlin, Nietzsche und Strindberg sind heute Klassiker. Die Vorstellung, dass gesellschaftliche Außenseiter besondere Einsichten über die innere Dynamik von Ideen bieten können, entfaltete Jaspers als Philosoph weiter, nicht zuletzt herausgefordert durch seine eigene und Max Webers Krankengeschichte. Die politisch bedingte Marginalisierung, die er im Dritten Reich aufgrund der jüdischen Herkunft seiner Frau Gertrud erfuhr, zog nach sich, dass Jaspers nach 1945 zu den wichtigsten Aufklärern zählte, die das Werden der Bundesrepublik begleiteten. Über zwei Jahrzehnte wirkte er als Public Intellectual, dem seine Schülerin Hannah Arendt entscheidende Anstöße aus der angelsächsischen Welt vermittelte. Der Vortrag gibt ein Portrait von Jaspers, das sein Denken entlang diese Stationen skizziert und ihn als Philosophen einer Freiheit zeigt, die erst in den Grenzsituationen des eigenen Lebens möglich wird.
Matthias Bormuth ist Heisenberg-Professor für Vergleichende Ideengeschichte an der Universität Oldenburg. Nach dem Medizinstudium war er einige Jahre psychiatrisch in Frankfurt und Jena tätig. Dem Besuch eines Tübinger Graduiertenkollegs folgte die Zeit als Assistent am dortigen Institut für Ethik und Geschichte der Medizin. Zwischen 2009 und 2011 wirkte Bormuth als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft in New York an der City University und der Columbia University. Seit November 2012 leitet er in Oldenburg das Vortrags- und Tagungsprogramm der neu gegründeten Karl Jaspers-Gesellschaft. Neben zahlreichen Aufsätzen und Sammelbänden legte Bormuth bislang zwei Monographien vor, deren Fragen interdisziplinär zwischen Psychiatrie, Philosophie und Literaturwissenschaft angelegt sind. „Lebensführung in der Moderne. Karl Jaspers und die Psychoanalyse“ (Frommann-Holzboog 2002) und „Ambivalenz der Freiheit. Suizidales Denken im 20. Jahrhundert“ (Wallstein 2008). Literarische Essays über Erich Auerbach, Ingeborg Bachmann, Gottfried Benn, Walter Kappacher und Karl Löwith veröffentlichte er seit 2006 im Verlag Ulrich Keicher. Im Oktober diesen Jahres erscheinen bei Wallstein, von Bormuth mit verantwortet, ausgewählte Korrespondenzen von Karl Jaspers.
Veranstalter: Zentrum für Seelische Gesundheit
Eintrit: Euro 9,-/7,-/4,50 nur Abendkasse