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13.5.2013

Klaus Theweleit: Königstöchter: Mythenbildung vorhomerisch, amerikanisch

Veranstaltungsdaten

Im Gespräch mit Wolfgang Schorlau stellt Klaus Theweleit das neu erschienene „Buch der Königstöchter“ vor, mit dem er sein Pocahontas-Projekt weiterschreibt: »Am Anfang war die Einwanderung. Am Anfang von was? Am Anfang von dem, was wir heute „Europa“ nennen. So ca. 2000 Jahre v. u. Z. (-2000) wandern verstärkt und in mehreren „Wellen“ Indogermanen von Nordosten her in die Gebiete ein, die wir heute als „Griechenland“ kennen. […] Die „Griechen“ entwickelten dabei eine besondere Kunst der Erzählung (bzw. des Gesangs); Formen, die wir heute als „Mythos“ bezeichnen. Erste Funktion dieser Mythos-Erzählungen war es, die eigenen (Un)Taten zu verschönern; auf deutsch (bzw. griechisch): die eigenen Taten der Landnahme als Taten von Göttern und Titanen zu besingen – ein Dreh, aus dem Worte wie „Genie“ und „genial“ sich gebären ließen. Der historisch- alte Grieche fühlt sich als göttlich (so wie heute jeder durchschnittliche Amerikaner). (Und jeder durchschnittliche eurasiatische I-pod-Besitzer wahrscheinlich auch. I-pod = I-god). Zur Landname braucht man Medien (nicht nur das Pferd, auf dem Mann reitet). Das Medium, das die „Griechen“ wählen, ist der Körper von Königstöchtern; Töchtern der einheimischen Lokalherrscher, die von den Göttern der Griechen (insbesondere Zeus, Poseidon, Apoll) beschlafen (= vergewaltigt) werden. […] Die Schrift-Heroen Hesiod und Homer stehen nicht – wie heutige Medienlegende will – am Anfang einer neuen Großkultur (der unseren); sie bilden zunächst einmal einen Endpunkt: sie schreiben auf (mit der neuen Medientechnologie des griechischen Vokalalphabets), was in den 1000 Jahren, die hinter ihnen liegen, griechische Einwanderer sich ausgedacht, erzählt bzw. gesungen haben.«

Bilder von der Veranstaltung

Copyright Fotos: Kristina Popov