Minze Minze flaumiran Schpektrum. Herta Müller und Oskar Pastior
Veranstaltungsdaten
"Der krimgotische Fächer", Oskar Pastiors Gedichtband von 1978, hatte schon seinen Platz in einer Schublade von Herta Müllers Büro, als sie noch in der Temeswarer Maschinenfabrik als Übersetzerin arbeitete. Das krimgotische "Minze Minze flaumiran Schpektrum" wurde zu einer Beschwörungsformel, die nicht nur gegen rumänische Tristesse, Dumpfheit und Tyrannei immunisierte, sondern Herta Müller bis heute begleitet. Seit Mitte der 90er Jahre verband Herta Müller und Oskar Pastior (1927-2006) eine Freundschaft, die sich vertiefte, als Herta Müller im Jahr 2001 begann, für einen neuen Roman zu recherchieren, in dem sie sich mit der Deportation der Rumäniendeutschen in die sowjetischen Arbeitslager von 1945 bis 1950 befassen wollte. Oskar Pastior, einer von 80.000 Deportierten, hatte nie über seine damaligen Erlebnisse ausführlich berichtet, doch im Gespräch mit Herta Müller erinnerte er sich plötzlich noch an die kleinsten Details. Regelmäßigen Treffen in Berlin folgte 2004 eine Reise von Ernest Wichner, Herta Müller und Oskar Pastior an dessen Deportationsorte in der Ukraine (im Rahmen des Grenzgängerprojekts der Robert Bosch Stiftung). Danach schrieben Herta Müller und Oskar Pastior gemeinsam an einem Buch, dessen erste Passagen, "Vom Hungerengel", sie auch öffentlich, u.a. im Literaturhaus Stuttgart, vorstellten. Nach dem plötzlichen Tod von Oskar Pastior zögerte Herta Müller lange, entschied sich dann aber doch, das Buch alleine weiterzuschreiben, der Roman "Atemschaukel" erschien schließlich im Herbst 2009. Die kleine Ausstellung im Stuttgarter Literaturhaus zeichnet die Freundschaft nach, die Herta Müller und Oskar Pastior verband. Erstmals werden Notizen, Skizzen und Zeichnungen aus Herta Müllers Arbeitsheft gezeigt, die Einblicke in die Entstehung der "Atemschaukel" geben. Während der gemeinsamen Arbeit am Roman klebte Herta Müller besondere Collagen für Oskar Pastior, der, solcherart verwöhnt, schließlich Woche für Woche Nachschub erwartete. Auch diese Collagen sind exklusiv zu sehen. Im September 2010 wurde bekannt, dass Oskar Pastior 1961 eine Verpflichtungserklärung für die Securitate unterschrieben hatte. Als Faksimile wird diese samt dem Protokoll der vorangehenden Vernehmung zu sehen sein. Die Ausstellung wird versuchen, die zeitgeschichtlichen Umstände zum Fall des Informellen Mitarbeiters ‚Stein Otto’ darzustellen und auch entsprechende Dokumente aus Bukarest zusammenzutragen.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Ernest Wichner und Lutz Dittrich.
Die Ausstellung ist vor und nach den Abendveranstaltungen oder nach Anmeldung (Fon (0711) 22 02 17 3) sowie an den Sonntagen, 12.12.10 und 19.12.10 von 10 - 18 Uhr und an allen Sonntagen im Januar 2011 jeweils von 12 - 18 Uhr zu sehen.
In Zusammenarbeit mit der Robert Bosch Stiftung
Mit freundlicher Unterstützung durch das Bankhaus Ellwanger & Geiger KG