Bitternis
Lesung und Gespräch
Joanna Bator
Literaturhaus Köln
20.2.2024 /
19:30 Uhr
Vor dem Hintergrund der wechselvollen deutsch-polnischen Geschichte in Schlesien erzählt Joanna Bator in Bitternis (Suhrkamp) von weiblichen Lebensentwürfen – und wie sie scheitern. Krieg, Gewalt und privates Unglück haben über Generationen Angst und Bitternis hervorgebracht, und erst Kalina, die jüngste von vier Frauen, bringt Licht in eine düstere Familiengeschichte und erzählt davon. Mit Macht fordert sie das Glück ein, das den Frauen ihrer Familie versagt war. Lisa Palmes übersetzt und moderiert. Milena Karas liest. »Je weiter ich mich aber in die Geschichte über uns vier hineinbegebe, desto stärker wird mein Eindruck, dass wir mit und zugleich gegen den Strom der Zeit leben, mitgerissen von der Zukunft wie von der Vergangenheit, unverwurzelt im schwindenden Jetzt.« Kalina kauft ein Haus in Niederschlesien, ein Haus, das lange unbewohnt und in dem sie schon einmal gewesen war. »Mit sicherer Hand mache ich in der Dunkelheit Licht« – und damit sind nicht nur die alten Ebonit-Schalter aus der Vorkriegszeit gemeint, sondern auch das Sichtbarmachen einer Vergangenheit: »Ich habe nichts anderes vor, als meine Familiengeschichte aufzuschreiben.« Mit dem neuen Haus, der früheren »Pension Glück« im schlesischen Görbersdorf, hat es seine eigene Bewandtnis. Hier traf sich Kalinas Urgroßmutter Berta mit ihrem Geliebten. Berta träumt von einer Flucht mit ihm nach Prag, die der Vater verhindert. Der Hass auf ihn wird so groß, dass sie zu einer ungeheuren Tat schreitet. Frauen, die für ihre Freiheit und ihr Lebensglück aufs Ganze gehen – von ihren Triumphen und Niederlagen handelt Joanna Bators deutsch-polnische Generationengeschichte, die im Jahr 1938 einsetzt und bis in die Gegenwart reicht. Berta, Barbara, Violetta, Kalina. Urgroßmutter, Großmutter, Mutter – und schließlich die Jüngste, Ich-Erzählerin und Erforscherin einer düsteren Familienvergangenheit. Mit Bitternis kehrt Joanna Bator zurück an die Schauplätze ihrer Romane Sandberg und Wolkenfern. Mit ihrem sezierenden und oft gnadenlosen Blick auf weibliche Sehnsüchte, auf Lebenslügen und verblendete Selbstbilder gelingt Joanna Bator ein ungemein vitales, von Wut und Witz sprühendes Werk. »Wohl noch nie ist von der transgenerationalen Weitergabe von Traumata und der mühsamen, allmählichen Befreiung aus ihnen so mitreißend und erhellend erzählt worden« (DLF Kultur).