Souvenir

Lesung und Gespräch

Zoltán Danyi, Dorota Masłowska, Edo Popović, Jurczok 1001

Literaturhaus Zürich
28.10.2023 / 20:00 Uhr

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Der andere Gegenstand, den ich mitgebracht habe, ist eine Postkarte von Gerhard Richters Bild »Die Rosen«. Das ist ein schöner, poetischer Titel. Ich kann mich nicht erinnern, ob ich die Karte geschenkt bekommen oder selbst gekauft habe, denn ich habe sie schon seit ungefähr acht Jahren. Diese hier ist nicht auf meinem Schreibtisch, sondern auf meinem Bücherregal gelandet. Nachdem ich schon drei oder vier Jahre an meinem Rosenroman gearbeitet hatte, war ich noch immer nicht sicher, ob ich das Buch jemals fertigschreiben könnte. Ich stand vor meinem Bücherregal, sah diese Postkarte an und dachte: ‘Okay, wenn das mal ein Buch wird, wäre das ein schöner Umschlag.’ Das war natürlich sehr unrealistisch, da Richter einer der teuersten Künstler ist, aber für mich war es nicht viel unrealistischer als der Gedanke, der Roman würde mal fertig sein.
Zoltán Danyi
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Ich habe einen Schlüsselanhänger mitgebracht mit dem kleinen pissenden Typen aus Brüssel. Der spielt auch eine Rolle in meinem Roman, das wusste ich aber lange nicht. Ich habe ihn gekauft, als ich in Brüssel einen Freund besuchte. Es war ziemlich schwierig, einen guten Schlüsselanhänger zu finden, denn man findet viele hässliche kleine pissende Typen, die billig gemacht sind. Ich hatte ihn dann jahrelang auf meinem Schreibtisch. Am Ende des Romans trifft man diese kleine Skulptur in Brüssel.
Zoltán Danyi
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Auf Polnisch ist »Souvenir« ein 70er-Jahre-Wort oder auch eine elegante Art, »Geschenk« zu sagen. Deshalb habe ich als Souvenir ein paar Pilze mitgebracht. Im Mai war ich in Chicago und habe einem Theaterstück beigewohnt, das, wie sich herausstellte, kulturell komplett unübersetzbar war. Nach jeder Aufführung mussten wir über Pilze sprechen. Pilze sind in dem Stück ein zentrales Motiv. In den 70ern wurden sie als eine Art Fleischersatz produziert, das war eine sogenannte »private Initiative«. Ich denke, diejenigen, die in ex-kommunistischen Ländern aufgewachsen sind, kennen diese Idee des vegetarischen Essens, das in den Jahren des Fleischmangels sehr populär war. Das konnte ein amerikanisches Publikum nicht verstehen. Ihre Hauptassoziation waren psychedelische Pilze.
Dorota Masłowska
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»Souvenir« ist auf Kroatisch ein lustiges Wort. Es erinnert mich immer an diese kitschigen Esel aus Holz, die in den 70ern und 80ern an der Küste verkauft wurden. Diesen Stock hier habe ich selbst gemacht, selbst geschnitten, und bin damit gelaufen – ich denke, sieben oder acht Jahre lang. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, er ist aus Weißdorn. Ich mag ihn sehr, er war auch das letzte Mal hier mit mir auf dem Flumserberg, auf über 2000 Metern Höhe. Ein guter Begleiter, ein Kumpel von mir, und ich werde ihn vermissen, aber ich lasse ihn gerne als Souvenir hier. Es ist ja auch nicht lustig, etwas wegzugeben, das man nicht mag.
Edo Popović

Zoltán Danyi ist Lyriker, Romanautor und Rosenzüchter, sein »Rosenroman« (Suhrkamp 2023, aus dem Ungarischen von Terézia Mora) ist der Lebensbericht eines Erzählers, der in seine serbische Heimatstadt zurückkehrt. Dorota Masłowska greift die auf einer wahren Begebenheit beruhende Geschichte von »Bowie in Warschau« auf (Rowohlt 2022, aus dem Polnischen von Olaf Kühl) und gibt ihr einen absurden Twist. In »Mondmeridian« von Edo Popović (btb 2022, aus dem Kroatischen von Alida Bremer) begibt sich Mirko auf die Suche nach den »Vergessenen«, Menschen, die angeblich in einem verborgenen Paradies irgendwo in Mitteleuropa leben. Das Gespräch leitet Thomas Grob, er ist Professor für Slavistik und Vizerektor an der Universität Basel.
Das Gespräch findet auf Englisch statt, die Textpassagen werden auf Deutsch vorgelesen.

Weitere Info

Veranstalter: Literaturhaus Zürich

Copyright Foto Souvenir: Ekaterina Zershchikova