Souvenir. Wie formt Erinnerung den Blick auf die Gegenwart?
Doppellesung und Gespräch
Tanja Maljartschuk, Radka Denemarková
Literaturhaus Rostock
20.2.2023 /
19:30 Uhr
Was wissen wir von den großen nationalen und den unzähligen individuellen Geschichte(n) unserer europäischen Nachbarn? Wie wirkt das private und das kulturelle Gedächtnis in die Gegenwart hinein?
Die groß angelegte Reihe »Souvenir« setzt mittel- und osteuropäische Literaturen und Gedächtnisprägungen in Beziehung zur kriegserschütterten Gegenwart in Europa. In elf Literaturhäusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz treten Autor:innen aus Mittel- und Osteuropa auf. Sie bringen jeweils ein Souvenir, ein Andenken zu Lesung und Gespräch mit, das in ihr Schreiben, ihre Poetik, ihr Werk einführt und dem Publikum zugleich literarisch-geografische Räume öffnet.
In Rostock kommen die in Wien lebende, aus der Ukraine stammende Schriftstellerin und Essayistin Tanja Maljartschuk und die tschechische Autorin, Journalistin und Übersetzerin Radka Denemarková ins Gespräch. Die Ingeborg-Bachmann-Preisträgerin Maljartschuk, zuletzt ausgezeichnet mit dem Usedomer Literaturpreis für »Blauwal der Erinnerung«, bringt ihren aktuellen Essayband mit: Die Texte aus »Gleich geht die Geschichte weiter, wir atmen nur aus« öffnen ein Fenster zum Verständnis des Unvorstellbaren, das gerade in der Ukraine geschieht. Ihre Gesprächspartnerin Radka Denemarková setzt sich in ihrem Werk nicht nur mit verdrängten Seiten der europäischen Geschichte auseinander, wie der Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, mit Antisemitismus oder patriarchalen Strukturen und der damit verbundenen Gewalt gegen Frauen. Zuletzt erschien auf Deutsch ihr Roman »Stunden aus Blei« (2022) über das heutige China, der zugleich den europäischen Kapitalismus ins Visier nimmt.
Lesung und Gespräch moderiert der Historiker Andreas Kossert, ein Kenner der Geschichte Osteuropas. Mit »Kalte Heimat« verfasste Kossert ein bahnbrechendes Werk zur Ausgrenzung der deutschen Geflüchteten aus dem Osten nach dem Zweiten Weltkrieg. Zuletzt veröffentlichte er »Flucht. Eine Menschheitsgeschichte«, ausgezeichnet mit dem NDR Kultur Sachbuchpreis 2020 und mit dem Preis für »Das politische Buch« 2021 der Friedrich-Ebert-Stiftung.