Stefan Haller
Schattenmutter
"Die Mutter des Zeichners Stefan Haller (*1972) litt an einer ungeklärten psychischen Krankheit (Depression? Bipolare Störung? Schizophrenie?), die seine Kindheit überschattete, ohne dass darüber gesprochen wurde. Fünf Jahre nach ihrem Tod begann er die Geschichte in diesem Comic zu verarbeiten: nachdenklich, ohne Vorwurf, ohne Wehleidigkeit, sehr genau. Er stellt seine Befindlichkeit nicht in den Mittelpunkt, sondern erfasst den Mikrokosmos der ganzen Familie, die, jeder auf eigene Weise, von der Krankheit der Mutter geprägt war: deren Unruhe, Übermüdung, Überreizung, Nervenschwäche, emotionalem Rückzug. Behutsam neugierig treibt der Autor seine Forschung voran. Es gibt keine fortlaufende Story, sondern Gespräche, Erinnerungen, auch das (authentische) Tagebuch der Mutter wird so einfühlsam wie schonungslos bebildert. Wenige Episoden, insbesondere die Tagebucherzählungen der Mutter, sind in Frames gefasst, meistens bewegen sich die Figuren wie suchend über das weiße Papier, der Hintergrund ist – wenn überhaupt – mit wenigen Strichen skizziert. Die Zeichnungen wirken einfach, fast naiv. Aber man spürt auf jeder Seite die Notwendigkeit dieser Kunst."
- Petra Morsbach -