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23.11.2011

Katharina Hacker: Mitleid

Veranstaltungsdaten

Gast der Essayreihe "Betrifft:" ist Katharina Hacker, von der zuletzt die Bücher "Eine Dorfgeschichte" (2011), "Die Erdbeeren von Antons Mutter" (2010), "Alix, Anton und die anderen" (2009) sowie, ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis, "Die Habenichtse" (2006) erschienen. Ausgangspunkt ihres Originalbeitrags ist das Mitleid: »Thomas von Aquin sagt über das Mitleid, es sei eine Art der Traurigkeit – und, fragt er, wie könne man in Folge annehmen, daß Gott Mitleid empfinde? Der theologischen Frage will ich nicht nachgehen, aber die Formulierung: Misericordia est species tristitiae finde ich interessant. Sie legt nahe, man weiche vielleicht dem Mitempfinden aus, weil man der Traurigkeit ausweichen wolle. Zum anderen macht sie klar, wie aus einer Empfindung, für die ein anderer Anlass war, eine eigene wird. Mitleid ist nicht gerade ein Modebegriff, die Frage ist, ob er nicht vielleicht fehlt. Was ist, in unserer Gesellschaft, Anlaß zu Mitleid, und was wird daraus? Was ist das Maß (welche Empfindungen, welche Gedanken), mit dem wir die Verhältnisse um uns messen? Was nehmen wir hin, was scheint uns unerträglich, und was bedeutet das dann? Mich beschäftigt das gerade aus zwei Gründen: das eine ist die Integration – ist deren Gelingen eine Frage unterschiedlicher Ethnien und Religionen oder eine Frage gesellschaftlicher Schichten? Wie gucken wir die Leute an, die anderswoher kommen? Und was ist dies 'Anderswoher', ist es ein anderes Land oder eine andere Schicht? Wo nehmen wir Anteil an ihnen und auf welche Weise? Das andere ist die Frage, wie wir damit umgehen, daß unsere Handys den reißerischen Titel Blut-Handys zu Recht tragen. Wenn ich erfahre, wie das Erz Coltan abgebaut wird, was folgt daraus? Und wie kommt es dazu, daß man aus etwas – beispielsweise dem Entsetzen über Massentierhaltung – Konsequenzen zieht, aus anderem nicht?«

In Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Zeitung

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